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Barth 22-04-2015 Erding.jpg

pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Russland und Deutschland

01. Mai 2015

Das deutsche Verhältnis zum autoritär geführten Russland ist derzeit voll Spannungen. Zuletzt haben die Vorgänge in der Ukraine und die Annektierung der Krim die diplomatischen Beziehungen zwischen unseren Ländern belastet wie nie zuvor. Auf diesem Hintergrund sprach Barth, Professor für European Studies auf Einladung von pax christi Erding.

Barth, Professor für European Studies und ehrenamtlich im Vorstand der Studiengesellschaft Friedensforschung e.V. tätig, betonte eingangs, dass es bei der Beurteilung der derzeitigen russischen Politik zwei unversöhnliche Lager gebe: die Putinversteher und die Putinhasser.

Zu den Verstehern gehöre die Wirtschaft, die sehr viel Geld dort investiert habe,  die Linkspartei, aber auch extreme Rechte (z.B. in Frankreich Le Pen) und Verschwörungstheoretiker, die behaupten: hinter den Vorgängen im Maidan stand die USA.

Zu Putins schärfsten Kritikern gehören Menschenrechtsvertreter, Osteuropaexperten der Medien  und jene, die z.B. in der DDR oder in Osteuropa unter dem Sowjetsystem gelitten haben.

Barth erläuterte den geschichtlichen Hintergrund der jetzigen Lage: Vom plötzlichen Zusammenbruch der Sowjetunion, der u.a. mit Gorbatschow, dem Krieg in Afghanistan und der westlichen Nachrüstung zu tun gehabt habe.

Gorbatschows Nachfolger Jelzin, der mit dem Tschetschenienkrieg, einer tiefen Wirtschaftskrise, Korruptionsvorwürfen, Alkohol- und Gesundheitsproblemen zu kämpfen gehabt habe, empfahl Putin als Nachfolger. Dieser kam aus dem Geheimdienst und war vorher kaum bekannt. Dem Volk wurde er als einer präsentiert, der Probleme lösen und Terroranschläge verhindern werde. 1999 erklärte Jelzin seinen Rücktritt. „Die erste Amtshandlung seines Nachfolgers Putin war ein Dekret, das Jelzin vor jeglicher Strafverfolgung schützte“, so Barth.

Seither genießt Putin durch seine Außenpolitik und seine harte Linie in der Terrorismusbekämpfung in weiten Teilen der Bevölkerung Russlands große Popularität, gefördert durch staatliche und staatsnahe Medien. Putin habe bisher alle Angriffe bezüglich einer Verstrickung des russischen Geheimdienstes und der Armee in Anschläge oder Kriegshandlungen unbeschadet überstanden. Der Geheimdienst und die Armee habe alles fest im Griff – Korruption sei weit verbreitet.

Dennoch werde Russland von der deutschen Regierung - entgegen der Empfehlung des BND - nach wie vor als wichtiger Partner gesehen.  Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014 und der Krieg in der Ostukraine hat das Verhältnis Russlands zum Westen allerdings zerrüttet.

Es sei kein Geheimnis, so Barth, dass die EU mit dem Assoziierungsabkommen bzw. mit der Verpflichtung der Ukraine zur starken Anbindung an den Westen schwere Fehler gemacht habe. Was die EU als Teil ihrer Erweiterungsstrategie verfolgte, bedeutete für Russland nicht nur eine Konfrontation, sondern ein Desaster. Im Nachhinein erweise es sich als ungemein kurzsichtig,  Putin nicht in die Verhandlungen mit einbezogen zu haben. Durch einen Assoziierungsvertrag mit Russland wäre vielleicht erreicht worden, was heute auch mit harten Sanktionen nicht zu erreichen ist. Im Gegenteil: Die Sanktionen des „dekadenten“ Westens deute Putin erfolgreich als Auszeichnung dafür, dass sein Land wahre Werte vertrete.

Merkel scheine zu begreifen,  dass mit Putin verhandelt und etwas angeboten werden müsse, wo er sein Gesicht wahren kann. Waffen zu liefern würde nur eine Verlängerung des Konflikts bedeuten. Auch  den USA, die ein militärisches Eingreifen in der Ostukraine fordern, müsse klar sein, dass man Russland für die Konflikte in Syrien, im Irak/Iran, und auf dem Feld Energie brauche.

Für die Zukunft, so Barth, sei entscheidend, wie lange Russland angesichts der Wirtschaftslage durchhalten könne und was das Ziel Putins sei. Immerhin ist schon von „Neurussland“ die Rede - ein Begriff aus Zarenzeiten – d.h. einer Abspaltung des östlichen Teils der Ukraine.

Bisher gebe es im Ostukrainekrieg 6000 Tote – 50 000 russ. Soldaten seien - inoffiziell - im Einsatz. Die großen Befürchtungen im Baltikum oder in Polen, dass Putin versuchen werde die Länder mit großem russischen Bevölkerungsanteil zu annektieren, seien nachvollziehbar.

Schließlich ist nicht auszuschließen, dass aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen die Kritik an Putin wachse und er versuchen werde, sich „als Mann der Stärke“ zu präsentieren.

 

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